Mainpost 26.11.2021
Kolitzheim
Solarpark-Spezialist Belectric geht an tschechischen Konzern CEZ
Die mainfränkische Belectric-Gruppe wird wohl an einen Stromkonzern in Tschechien verkauft. Hinter dem überraschenden Schritt stehen allerdings noch Fragezeichen.
Paukenschlag im Kreis Schweinfurt: Der wachsende Solarpark-Spezialist Belectric aus Kolitzheim wird aller Voraussicht nach an den halbstaatlichen CEZ-Konzern in Tschechien verkauft. Das hat der Noch-Eigentümer RWE in Essen auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt. Über Einzelheiten herrscht Stillschweigen. Am Deutschland-Sitz von CEZ in Hamburg war am Mittwoch niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
So bleibt offen, was mit den 500 Arbeitsplätzen von Belectric geschieht, 250 davon befinden sich in Mainfranken. In trockenen Tüchern sei der Verkauf der weltweit aktiven Firmengruppe erst mit Zustimmung der Behörden, so RWE weiter. Das bezieht sich vor allem auf das Bundeskartellamt, wo seit dem 11. November ein Prüfverfahren läuft.
Dort ist zu lesen, dass CEZ "alle Anteile" von Belectric kaufen und so die "alleinige Kontrolle" über die Kolitzheimer Firmengruppe erhalten will. RWE wiederum ließ am Mittwoch wissen, dass es um "Teile von Belectric" gehe.
Der Verkauf kommt überraschend, macht Belectric doch seit Jahren mit der Entwicklung und der Installation von mittlerweile 400 großen Solaranlagen in diversen Ländern auf sich aufmerksam. Das Unternehmen wurde 2001 gegründet und gehört seit 2020 zum RWE-Ableger Renewables.
Überraschend ist der Verkauf auch, weil RWE als einst unter anderem auf Kohle und Atomkraft fixierter Stromversorger gerade jetzt mächtig Gas gibt in Richtung erneuerbarer Energie. Wie der Konzern Anfang vergangener Woche mitteilte, sollen bis 2030 pro Jahr fünf Milliarden Euro zum Beispiel in Windkraft- und Sonnenstrom-Projekte fließen. RWE will damit in Europa, Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum bei grüner Energie die zu erzeugende Leistung verdoppeln.
Mit diesen "ambitionierten Wachstumsplänen" will sich RWE nach eigenen Angaben "auf die Entwicklung und den Betrieb von Anlagen" konzentrieren. Für deren Bau wiederum würden Dienstleister beauftragt. Ob das im Kern der Grund für den Verkauf von Belectric ist, blieb am Mittwoch offen. Die Kolitzheimer bauen Solarparks, sind aber auch je nach Auftrag für deren Betrieb und Fernwartung zuständig.
Wer CEZ ist und was den Solarmarkt ausmacht
CEZ zählt sich zu den zehn größten Energieunternehmen in Europa. Das Prager Unternehmen mit 32 000 Beschäftigten verkauft Strom und Gas an Länder in Zentral- und Südosteuropa sowie an die Türkei. 70 Prozent der CEZ-Aktien gehören dem tschechischen Staat. In Deutschland betreibt der Konzern nach eigenen Angaben neun Windparks, während zum Beispiel in Polen zwei Wasser- und Steinkohlekraftwerke unter CEZ-Regie laufen.
Im Zuge von Klimawandel und Energiewende in Deutschland verzeichnet der Solarstrom-Markt seit einigen Jahren deutlichen Zuwachs. So wurde nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft im vergangenen Jahr bundesweit etwa drei Mal mehr Photovoltaik-Leistung freigeschaltet als 2015.